Gestalt bezeichnet eine Schule der Psychotherapie, die maßgeblich von Fritz und Laura Perls gegründet wurde. Organisationsentwickler wie Edwin C. Nevis haben daraus den Gestaltansatz entwickelt.
Er bietet sich sowohl in Zeiten von Krisen als auch bei geplanten Veränderungen an.
Gerade in Organisationen, in denen die funktionale Zuordnung der Akteure über strenge Hierarchien und Organigramme formal geregelt ist, wird Kontakt geradezu vermieden. Wichtige Probleme, Projekte und Veränderungen lassen sich jedoch nur interdisziplinär, agil und im menschlichen Kontakt lösen.
Der Gestaltansatz in der Organisationsentwicklung fokussiert auf die Art und Weise, wie die einzelnen Akteure ihre Mitwelt bzw. den aktuellen Kontext auf ganz unterschiedliche Weise erleben und deuten und insofern unterschiedlich in Kontakt treten und Arbeitsbeziehung gestalten. Der Schwerpunkt liegt in der der konsequenten Wahrnehmung und Abgrenzung der Bedürfnisse des Einzelnen in der konkreten Arbeits- und Entscheidungssituation. Es geht um das „Ich“ im Hier & Jetzt: Wünsche, Hoffnungen oder Ängste sollen bewusst gemacht, zur Sprache gebracht und als Ressourcen für die als notwendig erkannte Veränderungen genutzt werden.
In der Moderation eines Workshops mit Führungskräften, die zum Beispiel um die „richtige“ Strategie und ihre Rolle dabei ringen, sind im Rahmen des Gestaltansatzes drei Schritte zentral, die methodisch verschieden umgesetzt werden können:
Bewusstsein für die konkrete Situation im Hier & Jetzt stärken – zum Beispiel das Nachspüren und Erkennen unbegründeter Annahmen oder Vorurteile, die als Grund für ein Verharren auf Positionen, der möglichen Entwicklung noch im Weg stehen.
Gemeinsamen Sinn erzeugen – zum Beispiel das Anerkennen von Stärken oder das Erkennen ähnlicher Werte; oder auch die schmerzhafte Enttäuschung darüber, dass es noch große Unterschiede in den Perspektiven gibt und man deshalb neue Regelungen und Strukturen in der Zusammenarbeit finden muss.
Kontakt und Vertrauen fördern – zum Beispiel offen und direkt aussprechen, was man von den Kollegen und Kolleginnen braucht, statt sich hinter „Sachzwängen“ oder „Prinzipien“ zu verschanzen.
In der Entwicklungsarbeit mit Gruppe oder Organisation und deren Beziehungsgestaltung als Arbeitsgrundlage wird der Einzelne als Akteur in seinem Beziehungsgeflecht der Gruppe in den Vordergrund gerückt. Denn jeder Einzelne ist bei Veränderungen von Unsicherheiten und Hoffnungen geprägt, die sich oftmals in psychologischen Phänomenen wie starren Haltungen oder Projektionen zeigen, die jedoch als "Sachzwänge" verkauft werden .
Im Vorfeld eines Workshops werden im Idealfall vertrauensvolle Einzelinterviews vorgeschaltet.
Der Ansatz geht davon aus, dass sich mittels Reflexionsaufgaben und durch Gruppengespräche die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein der Beteiligten sich nach einer gewissen Zeit auf eine gemeinsame Gestalt richtet. Diese ist dann das „eigentliche“, geradezu fühlbare Thema, das sich in den Vordergrund bringt und das es im Hier & Jetzt anzuerkennen und zu bearbeiten gilt. Dieser gemeinsame Erkenntnisprozess des aktuell zu bearbeitenden und abzuschließenden "Themas" (Gestalt) ist der Kern des Gestaltansatzes, der damit mehr eine Haltung als eine Methode ist.
Entscheidend ist weniger das kognitive, sachlogische Argumentieren, als die real erlebte Gruppenerkenntnis und das Vertrauen, dass gemeinsamer Kontakt oft schwierig, aber immer möglich und für die Organisation förderlich ist.
Autor: Roderick Bell
structura bietet „Schnupperworkshops“ zum Gestaltansatz an. Falls Sie diese miterleben wollen, lassen Sie sich Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! auf die Verteilerliste setzen.